21. Olympische Spiele in Barcelona 1992

 

Der BRV gibt im Buch „50 Jahre BLSV“ auf Seite 287 unter besondere Erfolge gleich sechs gewonnene olympische Medaillen ab 1975 an. Das Präsidium hatte 1996 sehr schlecht recherchiert. Stefan Krische aus Kelheim und Jochen Steckmann aus Nürnberg haben 1984 natürlich keine olympischen Erfolge vorzuweisen. Wie bereits einige Seiten zuvor erwähnt, waren es in Wirklichkeit Nachwuchsmedaillen bei Juniorenweltmeisterschaften im Jahr 1984. Auch die Medaille von Gerhard Himmel (Silber 1988) sollte dem HRV gutgeschrieben werden. Himmel hatte noch nie den Trainingsanzug des BRV getragen und ich verstehe nicht, warum sich Bayern so gerne mit den Erfolgen aus Hessen schmückt.

 Natürlich wurde auch 1992 zum Reinfall für Bayern. Dennoch gibt der BRV in seiner Erfolgsbilanz im BLSV-Buch für 1992 Bullmann und Yildiz an. Der „Bulle“ aus Frankfurt/Oder  mit der auffallenden Rasenmäherfrisur startete lediglich in der Mannschaft für Goldbach und sein Olympiasieg in 90 kg geht meines Erachtens an Brandenburg. Die fast schon sichere Goldmedaille des kleinen Rifat Yildiz nach einer anfänglichen 5:2 Führung gegen den Koreaner An-Hong Bong ging noch verloren. Der 1976 eingedeutschte Hesse Yildiz hatte in der Verlängerung beim Stand von 5:5 durch einen „Schubser“ des Koreaners die alles entscheidende Eins abgeben. Er hätte der Nachfolger von Leucht (1928), Brendel (1932) und Passarelli (1984) im Bantamgewicht werden können.

 Obwohl die Medaille nicht für Bayern errungen wurde, möchte ich ein Bild des dreifachen Weltmeisters und Oympiasiegers „Bulle“ bringen. Sein Trainer sagte zu mir: „Bulle konnte mit seinem runden Rücken eigentlich nur den Schulterschwung im Stand, den aber konnte er in allen Lagen und am Boden die Rolle....“ Offensichtlich reichten ihm die beiden Griffe um Weltklasse zu werden.

 

Foto: Brandenburgs Goldjunge „Bulle“ 1992 in Barcelona

 

 

Foto: Bullmann  dreht 1992 Basar (Türkei)im Finale durch

 Ein rekordverdächtiges Mattengefecht lieferten sich am 23.11.1992 Mario Baumeister (SV 07 Nürnberg) und Rolf Wiedmer (Burghausen). Bei Unentschieden hatte Milan Ercegan international eine unbegrenzte Verlängerung bis zur nächsten „Eins“ gefordert und dies mußte auch in der bayerischen Oberliga durchexerziert werden. Nach 21:03 Minuten (die normale Kampfzeit betrug damals 2 x 3 Minuten) kam endlich die ersehnte Wertung und der Burghausener wurde zum 2:1 Punktsieger erklärt. Lange hielt diese Regelung nicht stand, allerdings führte diesen Matten-Marathon Ercegan beim Großen Preis von Leipzig 1998 nochmals ein, um ihn anschließend wieder abzuschaffen. Der jugoslawische FILA-Präsident hat offensichtlich ein Kurzzeitgedächtnis, da viele seiner Neuerungen irgendwann schon als „Rohrkrepierer“ praktiziert wurden.

  

Foto: Baumeister und Wiedmer nach 21:03 Minuten

 Martin Kittner (Goldkronach), Sebastian Helminger (Anger), Mario Anzenberger (Mietraching), Wolfgang Wagner (Hallbergmoos), Jörg Arnold (Johannis Nürnberg) und Dominik Zeh sorgten 1992 und 1993 für sechs Titel bei vier Meisterschaften. In der Erfolgsquote war man von 50 auf 15 % abgerutscht und das als größter Landesverband Deutschlands!

 Schatz, Bahr, Killersreiter, Weber,  Kopka, Ralf Krammer, Michael Inderst (Weissenburg), Andreas Wandersee (Hof), Stefan Helminger, Markus Schramm (Lichtenfels) setzten sich bei den neuen B-Jugendmeisterschaften zwar durch, betrieben im Endeffekt aber immer nur Ergebniskosmetik.

 Zumindest in einem Bereich blieb Bayern noch über Jahrzehnte Spitze. Mit Dr. Volker Jägemann stand nach Dr. Erich Spannbauer wieder ein Arzt aus dem Freistaat in verantwortlicher Position. Der Freisinger betreute von 1981 bis Dezember 1995 die Deutsche Nationalmannschaft und bekleidete den Vorsitz in der Ärtzekommission. Ob WM oder Olympische Spiele, der Doktor im Adidasanzug war im Fernsehen als ärztlicher Betreuer der DRB-Ringer immer zu sehen.

 

Foto: Dr. Volker Jägemann

 

 Inzwischen beschränkt sich der Oberbayer auf Referate beim DRB und hat nicht mehr für den  Vorsitz der Ärztekommission kandidiert. Obwohl er wieder überwiegend im weißen Hemd mit Fliege auftritt, ist er auch ohne Trainingsanzug im Hintergrund noch immer als  Arzt und Referent für seine Ringer im DRB und BRV aktiv.

 Am 21.9.1993 wurde beim TSV Teisendorf bei den Judokämpfern ein Untersparte Ringen gegründet. Der ESV Neuaubing schenkte den Trainern Andreas Weber, Peter Martin und Norbert Göstl eine 6 m x 6 m Ringermatte und Teisendorf konnte 1994 mit Schülern bei den Chiemgaumeisterschaften erstmalig ihr Können demonstrieren. In der WKG Trostberg-Teisendorf starteten die Buben ab diesem Jahr in der Mannschaftsrunde und man kann hoffen, dass Teisendorf in einigen Jahren zu einer festen Größe wird.

 Im Sommer 1994 schloß die BLSV-Sportschule Grünwald für immer ihre Pforten. 478.952 Personen mit 1.362.353 Übernachtungen standen nach 44 Jahren zu Buche.

 Für 70 Mio. DM wechselten die sanierungsbedürftigen Anlagen in den Besitz der finanzkräftigen Gemeinde Grünwald.  Neumarkt in der Oberpfalz, Ingolstadt und Landsberg/Lech gaben Offerten an den BLSV ab. Neumarkt gab hierbei das verlockendste Angebot ab. Das Gelände wäre praktisch zum Nulltarif gewechselt und lediglich die Baukosten wären angefallen. 

 Wir Nordbayern wären mit allen Standorten zufrieden gewesen, Hauptsache es wäre weiter nördlich von München und damit zentraler für alle bayerischen Sportler gewesen. Zudem zeigte sich schon 1988 bei den Grundstücksverhandlungen eine gewisse Schwierigkeit mit den Eigentümern von Oberhaching. Da wollte wohl mancher Bauer seine Scholle versilbert haben. Am 12.11.1988 fiel beim BFV und BLSV dennoch die Entscheidung mit 51:10 für das nur 60 Kilometer von Österreichs Grenze entfernte Oberhaching.  Am 9.6.1994 wurde das „Juwel unter den deutschen Sportstätten“, so das wörtliche Zitat des Kultusministers Zehetmair, von viel Prominenz eingeweiht.   32 Mio. DM gewährte allein der Freistaat an Zuschüssen. 70 Mio. DM erbrachte  der Verkauf von Grünwald und mit 103 Mio. DM an Gesamtkosten bei der Schlüsselübergabe deckten sich fast Einnahmen und Ausgaben. Warum der BLSV Jahre später in einen finanzielle Engpaß kam, soll an einigen Grundstückeigentümern gelegen haben. Obwohl schon im Februar 1989 die meisten Grundstücke von Dr. Fritz im Namen des BLSV notariell verbrieft waren, gab es Jahre später angeblich noch saftige Nachforderungen. Das Areal umfaßt immerhin 220.000 qm.  Es war mir nie nachvollziehbar, was in den Urkunden für Vereinbarungen standen. Durch meinen Beruf muß ich mich fast wöchentlich mit Notarurkunden befassen. Noch nie konnte ein Verkäufer nachträglich einen Nachschlag verlangen.

 Am 3.8.1999 gab BLSV-Präsident Prof. Dr. Peter Kapustin eine Stellungnahme im Bayernsport ab. Nach schwierigen Vergleichsverhandlungen mit verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften, der Evangelischen Kirche, dem Landkreis München und der Gemeinde Oberhaching wurden die Karten auf den Tisch gelegt. Der BLSV und der BFV müssen zur Befriedung der Nachzahlungsansprüche zusammen nochmals 50 Mio. DM auf den Tisch legen. Dies war eine existenzsichernde Kompromißlösung für den BLSV.  Es wurde eingeräumt, dass in der Verbandsspitze beim Bau der Sportschule Fehler gemacht wurden. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München hatte das Ermittlungsverfahren gegen die damals verantwortlich Handelnden mangels hinreichendem Erstverdacht eingestellt. Das Damoklesschwert eines privatrechtlichen Regressanspruches hing im Jahr 1999 dennoch über dem verantwortlichen Personenkreis.

 Prof. Dr. Kapustin sprach ein offenes Wort am 3.8.1999 in seinem Presseartikel. Er selbst übernahm erst 1992 die Führung beim BLSV und mußte als neuer Kapitän ein schlingerndes Schiff wieder in Fahrt bringen. Er war meines Wissens schuldlos in dieser Angelegenheit und hatte ein schweres Amt angetreten.

 Sicherlich wäre der BLSV mit Neumarkt wesentlich billiger gefahren und Bayern hätte jetzt eine zentrale Sportschule. Es wäre aber eine böswillige Unterstellung, wenn man vermutet, dass irgend ein Funktionär durch den Standort Oberhaching einen Vorteil gehabt hätte. Gedanken sind frei.......

 Mit dem Prager Jaroslav Zeman holte Johannis Nürnberg einen Weltklasseringer an die Noris, der seit 1994 am Zeisigweg auf die Matte geht. Der tschechische Weltergewichtler gewann zwischen 1988 und 1991 zweimal Silber und zweimal Bronze bei Welt- und Europameisterschaften.

   Beim Landesfinale 1996 des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst  im  Schulringen konnte sich Regierungsfachberater Hans-Peter Pfeilschifter von der guten Zusammenarbeit zwischen Schulen und Ringervereinen persönlich überzeugen.

198 talentierte Schüler begrüßte er in der Realschule Erlangen am Europakanal auf der Matte. Die große Bedeutung des Kooperationsmodells für den außerunterrichtlichen Schulsportbereich durch Schulmannschaftswettbewerbe wurde beim Landesfinale in der mittelfränkischen Universitätsstadt schnell klar. Sportliche Leistung, Fairneß, Toleranz,  Kameradschaft und Teamgeist hielten sich die Waage.

Ringen zeigte sich durch seine Gewichts- und Altersklasseneinteilung als Breiten- und damit Schulsport als absolut geeignet.

 In der Endabrechnung setzten sich wieder die Nordbayern  durch und gerade die Schulen aus dem Regierungsbezirk Unterfranken glänzten durch geschlossene  Mannschaftsleistungen. Nur das Staatl. Landschulheim  Marquartstein konnte als bester südbayerischer Vertreter noch mit auf das Siegerpodest. Die Oberbayern waren im kleinen Finale um Rang drei von ihrem Lehrer Gotzmann hervorragend eingestellt worden und besiegten nur ganz knapp die ebenbürtige Volksschule Niedernberg. Beide Kontrahenten sind übrigens 470 km voneinander entfernt. Die Größe des Freistaates wird einem bei solchen Entfernungen erst bewußt. Mit Erlangen hatte man aber einen für alle zentral gelegenen Ausrichter gefunden.

 Das Graf-Münster-Gymnasium Bayreuth holte 1996 in Erlangen sein ersten Titel und konnte diesen 1997 in eigener Halle auch verteidigen. Nachstehend zwei Fotos aus der Wagnerstadt beim Schulringen.

 

Foto: Doppelter Beingriff mit Abheben

 

 

Foto: Wettkampfpause beim Schulringen

 Der TSV Teisendorf begann 1998 unter Martin Göstl und Andreas Weber ebenfalls mit dem differenzierten Schulsport. Das Schulteam wurde auf Anhieb sensationell Südbayerischer Meister.

 Doch nach diesem Abschweifen zum Thema Schulringen zurück zu unserem vereinsmäßigen Ringen.