13. Mexico 1968

 

1968 beschloß der DAB in Inzell neue Gewichtsklassen für die Männer, welche mit  Ausnahme des Schwergewichts. bis 1996 gelten sollten. 48 kg, 52 kg, 57 kg, 62 kg, 68 kg, 74 kg, 82 kg, 90 kg 100 kg und +100 kg wurden eingeführt.

Der für Neuaubing startende Reichenhaller Manfred Schöndorfer wurde bei der Männer-DM in Mainz von zwei alten Haudegen „ausgebremst“. Er hatte null Fehlpunkte aus den Vorrundenkämpfen und kämpfte gegen Rost (Witten) und Schmitt (Mainz) jeweils mit 2,5 : 2,5 unentschieden. Die beiden Alten hatten einen bzw. 1,5 Fehlpunkte aus den Vorkämpfen und hatten dadurch eine schlechtere Bilanz. Sie trennten sich 2:2 und konnten den jungen Eindringling auf Rang drei verweisen. Schmitt wurde mit 5,5 Fehlpunkten Deutscher Meister, Rost hatte 6 Fehlpunkte und Schöndorfer erhielt  mit 5 Fehlpunkten die Bronzemedaille. Die Plazierungskriterien beim Ringen waren schon immer unverständlich. Warum die wenigsten Fehlpunkte in diesem Jahr bestraft wurden, lag wohl am Mexiko-Fieber.

 Über die Freistil DM der Männer in Oftersheim schrieben die Dortmunder Ruhrnachrichten im Olympiajahr: „Wie schon vor zwei Wochen in Mainz, blieben die einst so starken Bayern wieder ohne Erfolg.“

  Zumindest bei den Junioren wurde von den Bayern abgesahnt. Gastgeber war die SpVgg Freising im klassischen Stil.  Jugendmeister Huber (Reichenhall) schlug auch im Juniorenbereich zu und besiegte Horst Nettesheim im Fliegengewicht. Manfred Schöndorfer beherrschte souverän das Leichtgewicht und wurde bei 25 Kontrahenten ebenfalls Juniorenmeister für Neuaubing.

 In Bruchsal wurde Alfons Keller (56 kg)  mit sieben Siegen Deutscher Jugendmeister im Freistil, während sein Vereinskollege Peter Neumair mit seinem vierten Nachwuchstitel  in diesem Jahr für ein Kunststück sorgte. Damit war er im Junioren- und Jugendbereich in beiden Stilarten 1968 Deutscher Meister geworden.

  1968 gewann Hallbergmoos in Mühlheim vor dem KSV Aalen die dritte Deutsche Jugendmannschaftsmeisterschaft in Folge. Herausragender Athlet war dabei erneut  Senkrechtstarter Peter Neumair (geb. 9.10.1950). Der Maurergeselle aus Hallbergmoos schaffte damit seine fünften DM-Erfolg in diesem Jahr. Obwohl noch jung an Jahren, hatte er für den SV Siegfried schon Einsätze verzeichnen können. Nur  wenige Jahre  später durfte der junge Neumair internationale Einsätze verzeichnen.

  Unter den Olympiateilnehmern befand sich im Ringerlager jedoch kein bayerischer Teilnehmer. Mexico 1968 ist somit für den BRV ein kurzes Kapitel aus Sicht dieser Chronik.

 Heinrich Billmeier aus Deggendorf, Jahrgang 1937, wurde 1969 mit 32 Jahren Landestrainer und übt seitdem ununterbrochen dieses Amt aus. Bei seinem Amtsantritt gab es noch traumhafte Ergebnisse. Die Medaillen bei den Deutschen Freistiljuniorenmeisterschaften des Leichtgewichts gingen in Waldkirch geschlossen an Bayern. Manfred Schöndorfer (Reichenhall), Hermann Lohr (Kelheim) und Hans Rampf (Hallbergmoos) verwiesen alle Kontrahenten auf die Plätze. Insgesamt gab es in Waldkirch acht Medaillen für Billmeier.

 In Bad Reichenhall stellte Bayern fünf klassische Juniorenmeister. Allen überlegen war in der 52 kg Klasse Fritz Huber. Sechs Siege machte er mit seinem gefürchteten Kopfhüftschwung. Zur Belohnung durfte er anschließend zu den Europameisterschaften nach Modena. Manfred Schöndorfer gewann im Leichtgewicht seinen siebten deutschen Meistertitel im Nachwuchsbereich. Der immer noch für Neuaubing kämpfende Schöndorfer glänzte mit fünf Schultersiegen und einem Punktsieg in seiner Heimatstadt. Vom Halb- bis zum Superschwergewicht folgten noch Peter Neumair, Georg Vorbuchner und Richard Wolff. Gefeierster Ringer bei der Männer DM in Dortmund wurde Freistilas Peter Neumair. Der 18 ½ jährige Oberbayer wurde als Ringer-Genie bezeichnet, da er nicht nur seinen Altersgenossen, sondern auch den alten Haudegen im Mittelgewicht Respekt einflößte.  

 

Foto: Peter Neumair 1969 DM Mittelgewicht Freistil

 Alfons Hecher (Hallbergmoos) gewann als amtierender deutscher Doppelmeister bei den Männern 1969 in Modena die Bronzemedaille im Schwergewicht bei der Greco-EM. Exakt die gleiche Medaillenfarbe  holte Fritz Huber im Federgewicht. Mit drei Siegen kam Schöndorfer im Leichtgewicht auf den undankbaren vierten Rang. Zwei EM-Medaillen für Bayern konnten sich unterm Strich sehen lassen.

 

Foto: Alfons Hecher

 Die Deutsche Jugend-Freistilmeisterschaft in Balkhausen sah wieder überragenden Nachwuchs aus Bayern. Alfons Keller  wurde im Gewicht bis 60 kg  Doppelmeister des Jahres 1969. Albert Baumann (Hallbergmoos 65 kg) Hans Köstner (Bamberg 81 kg) und Max Schröger (Untergriesbach 87+ kg) standen in Balkhausen ebenfalls ganz oben. Die Länderwertung ging nicht nur bei der Jugend, sondern auch bei den Junioren nach Bayern. Georg Vorbuchner (Burghausen 100 +kg) gewann in Waldkirch auch im Freistil den Titel. Der Juniorendoppelmeister des Jahres 1969 feierte damit schon seinen dritten Erfolg. In der 90 kg Klasse bejubelte man Neumairs  siebten Titel. Was wollte er mehr mit 18 ½ Jahren? Bundesfreistiltrainer Klug bezeichnete den Hallbergmooser als Nummer eins für die nächste Olympianominierung.

 Als die WKG Straubing-Aholfing im Sommer1969 ihre Ringermannschaft vor Saisonbeginn aus der Gruppenliga Niederbayern/Oberpfalz zurückzog, wurde Straubing ein weißer Fleck auf der Ringerlandkarte. In der Gäubodenstadt wurde nie mehr ein Ringerverein ins Leben gerufen. In der gleichen Saison zog nach sechs Kampftagen die Regensburger Turnerschaft ihre Staffel zurück. Nachfolger in der Domstadt wurde der AC Regensburg, so dass zumindest in der Oberpfalzmetropole der Ringkampf erhalten blieb.

 Ebenfalls personelle Probleme hatten der SC Apollo und der SC 1906. Die beiden Münchner Vereine bildeten deshalb eine Fusion.

 Von der Kreis- in die Bezirksklasse stiegen die jungen Ringerabteilungen des TSV Weilheim und des TV Miesbach 1969 auf. Wann die Oberbayern als Ringer Gründungsjahr hatten, konnte ich allerdings noch nicht klären.

Nachdem der AC Miesbach 1909 schon lange nicht mehr existierte, dürfte die Ringerabteilung beim TV Miesbach erst kurz zuvor gegründet worden sein.

  Am 4. und 5.7.1969 beendeten Ringer und Gewichtheber in seltener Einmütigkeit einen langen Streit in Bremen. In einer neuen Satzung des DAB wurde festgelegt, wie sie in Zukunft neben- und miteinander ihre Sportarten ausüben werden. Es war der erste Schritt zur Strukturveränderung. Vorerst wurden innerhalb des DAB vier Fachverbände für Ringen, Gewichtheben, Rasenkraftsport und Kunstkraftsport gebildet. Für den DAB war es der Anfang vom Ende.

  BSV-Präsident Franz P e t e r konnte beim Verbandstag in Zirndorf auf 31 Deutsche Meistertitel (Ringen und Gewichtheben) des Jahres 1969 zurückschauen. Der langjährige Landespressewart Eugen Linhardt legte mit 63 Jahren sein Amt in Zirndorf nieder und als Nachfolger wurde Barthel Hofmann aus Marktleugast gewählt. Wichtig war die Mitteilung von Sportwart Josef Böck. Mit Hallbergmoos und Reichenhall wurden zwei Olympiastützpunkte ins Leben gerufen. Als Trainer fungierten die beiden Neuaubinger Alois Klink und Ire Kormanik im klassischen und der Hallbergmooser Talat Karman zusammen mit dem Freisinger Rifat Durak im freien Stil.

 Kelheim und Nürnberg sollten als Olympiastützpunkte folgen. Als Trainer wurden  Rudi Horn (Fürth) und Horst Bergmann (Lichtenfels) benannt. Die größte Landesverband im DAB wollte sich also auf die Olympischen Spiele in München optimal vorbereiten und gemeinsam an einem Strang ziehen.  Tatsächlich hat man sich aber für Grünwald (Sportschule) Hallbergmoos, Reichenhall und Anger entschieden. Als Trainer wurden Josef Paar, Rifat Durak, Stefan Resch, Talat Karman und Alois Klink verpflichtet. Der Süden war einfach stärker und deshalb wurden dort die Stützpunkte errichtet.

 Der AC Bad Reichenhall blieb unter Trainer Sepp Paar in der Bayernliga ebenso ungeschlagen wie der SC Augusta Augsburg in der Gruppenliga Schwaben.

 1969 wurden von der FILA Juniorenweltmeisterschaften eingeführt. Die ersten fanden in Boulder (USA) statt. Im zweijährigen Turnus wurden diese ausgetragen.

Engelbert Grünkranz (Rechtsausschußvorsitzender des DRB) und Hermann Schwindling (DRB-Vorsitzender) waren sich ab 1970 nicht mehr ganz grün. Beim DAB-Bundesausschuß am 21.2.1970 in der Sportschule Schöneck kam dies offen zum Ausbruch. Es kam zwar zu keinem Ringkampf aber zu einem Machtkampf. Der Saarbrücker forderte den Rücktritt von Grünkranz und suspendierte ihn eigenmächtig. DAB-Präsident Höll stärkte Grünkranz den Rücken, da laut Satzung nur der DAB eine Amtsenthebung durchführen konnte.. Schwindling verlangte jedoch lautstark auch noch die Ablösung von Grünkranz als Verbindungsmann zum Organisationskomitee für die Olympischen Spiele. Die herrschsüchtige Art des Saarländers veranlaßte den DAB-Präsidenten zum sofortigen Rücktritt während der Sitzung. Schwindling war dadurch gleich zwei Funktionäre los geworden.  Nachfolger für Höll wurde kommissarisch der bisherige Vize-Präsident Franz Peter.

  Bei der Männer-DM gr.-römischer Stil in Freiburg sicherte sich der 21jährige Fritz Huber seinen ersten Seniorentitel (52 kg) in dem er den Europameister Rolf Lacour auf den zweiten Rang verwies. Der Sieg des 22 jährigen Manfred Schöndorfer im Leichtgewicht überraschte dagegen nicht. Er blieb im Greco-Leichtgewicht die nächsten sieben Jahre bei Deutschen Meisterschaften ungeschlagen und stand von 1970-1976 immer ganz oben. Auch im Mittelgewicht gab es in Freiburg 1970 eine Wachablösung. Max Mitterbichler holte ebenfalls den Titel. Alle drei starteten für Reichenhall.

 Bayern hatte sich 1970 anläßlich der Jugend-DM etwas besonderes einfallen lassen um in beiden Stilarten in Oberbayern die Meister zu küren. Eine ganze Woche wohnten über Pfingsten  300 Jugendringer aus Westdeutschland im BLSV-Feriendorf Inzell in den Bungalows.

  Bei der EM in Ostberlin kämpfte 1970 im gr.-römischen Stil natürlich Rolf Lacour anstelle von Fritz Huber im Fliegengewicht. Er schied dort unplaziert aus. Genauso erging es Mitterbichler im Mittelgewicht. Dafür errang Schöndorfer im Leichtgewicht Bronze für Deutschland.

  Huber startete in Karlsruhe und Michelstadt bei den Junioren in beiden Stilarten und holte sich seine achte und neunte DM-Einzelmeisterschaft. Die große Überraschung in Michelstadt war der vierfache Freistilerfolg des SV Hallbergmoos. Keller, Rampf, Baumann und Neumair wurden Juniorenmeister. Nachdem auch Vorbuchner einen Titel nach Burghausen holte, überließ Bayern den restlichen elf Landesverbänden nur noch vier Titel.

 Vom 18.-20.8.1970 wurden in Huskvarna in Schweden erstmalig Europameisterschaften für Jugendringer durchgeführt. Der Nachwuchs maß sich in beiden Stilarten. Bundesfreistiltrainer Klug war überzeugt, dass die meisten türkischen Ringer älter als 18 Jahre waren. Die übrigen Nationen teilte diese Meinung ebenfalls. Dennoch wurde die Veranstaltung fest verankert, wenn auch der Altersbereich inzwischen auf Cadets und Espoir geändert wurde.

 Der oberpfälzer Peter Dorfner gewann 1970 und 1971 je zwei Gold- und Bronzemedaillen bei den Deutschen A-Jugendmeisterschaften für Kelheim in beiden Stilarten. Am 3.7.1970 konnte nach über 6000 Stunden Eigenleistung und einem Aufwand von 209.000 DM der AC Lichtenfels seine Ringerhalle fertigstellen.

  Mit dem KSV Unterelchingen taucht am 7.3.1971 ein Grenzverein aus dem württembergischen Gebiet bei den Bayerischen Juniorenmeisterschaften in Hallbergmoos auf. Johann Sterk wurde dort Bayerischer Meister in der 100 kg Klasse. Politisch gehört Unterelchingen zu Bayern, sportlich jedoch nach Württemberg. Es blieb bei diesem Annäherungsversuch des KSV.

  Für Alfons Keller, ein weiterer talentierter Ringer aus Hallbergmoos, gab es 1971 eine Silbermedaille bei der Freistil-DM in Dieburg. Der erst 20-jährige Keller praktizierte als einer der ersten Bayern die ausgefeilten Einsteigertechniken der Türken.  Der spätere Co-Landestrainer Josef Fritsch errang im Papiergewicht als 16-jähriger Jugendringer die Bronzemedaille und Neumair wurde wie in den beiden  Vorjahren Erster im Mittelgewicht. Den Hallbergmooser Erfolg rundete 1971 Willi Wohlschläger mit Silber im Federgewicht ab. Fritsch errang zu seiner Seniorenmedaille noch den Freistiltitel in Kassel bei der A-Jugend bis 44 kg.

  

Foto: Josef Fritsch

 Im klassischen Stil hielt Reichenhall  vor eigenem Publikum bei der Männer-DM dagegen. Huber, Schöndorfer jeweils Erste und Mitterbichler Zweiter. Neumair und Lorenz Hecher gewannen ebenfalls Gold und Alfons Hecher Silber. Hallbergmoos war insgesamt gesehen damit die erfolgreichere Mannschaft 1971.

  Was am 22.10.1949  in pfälzischen Friesenheim im Gasthaus „Zum Weinberg“ mit der DAB-Gründung aus der Taufe gehoben wurde, wurde beim 12. DAB-Bundestag am 10.7.1971 in Kassel zu Grabe getragen. Obwohl den DAB-Delegierten in Kassel überhaupt kein Antrag zur Auflösung vorlag, gab der Tagesordnungspunkt 5 den Ausschlag. Die 1969 in Bremen beschlossenen DRB-Satzung hatte bisher keine Rechtskraft erlangt und dies sollte nun nachgeholt werden.

Der neue DAB-Präsident Franz Peter hatte eigens eine neue Satzung ausgearbeitet, die sich auf die Landessportverbände stützen sollte. Er stieß jedoch auf kräftigen Widerstand, da der DRB die eigene Finanzhoheit haben wollte. Es wurde eine Satzungskommission gebildet um noch in der Nacht von Freitag auf Samstag einen Satzungsentwurf auszuarbeiten. Der Bayer Peter kandidierte nicht mehr für das Präsidentenamt, räumte enttäuscht das Feld und überließ  Schwindling in Kassel kampflos den Sieg. Für den geplanten13. Bundestag im Jahr 1973  wurde in Kassel vorsorglich keine Tagesordnung mehr bestimmt. Sicherlich brauchte man auch keine mehr.

 Unter dem nachfolgenden DAB-Vorstand Schwindling verlagerte sich der sportpolitische Schwerpunkt der Ringer von Bayern ins Saarland. Schwindling war im 23. Jahr des DAB der fünfte Präsident und war hier wohl mehr der „Sargträger“ als ein Präsident.

 In Sofia fanden vom 27.8.-5.9.1971 die Weltmeisterschaften in beiden Stilarten wieder unter freiem Himmel statt. Sofia war unbestritten das Vorspiel zur Olympiade und hochkarätig besetzt. Trainer Ostermann reiste im VW-Bus mit Co-Trainer Heinrich Billmeier und den Kampfrichtern an, während die Aktiven und Funktionäre vom Frankfurter Flughafen starteten. Manfred Schöndorfer hatte extra in die 62 kg Klasse abgekocht. Er erreichte im Federgewicht mit zwei Sieger nur Rang zehn. Eigentlich wollte er in Bulgarien Weltmeister werden. Mit den Pfunden hatte er jedoch auch seine Kraft verloren. Fritz Huber hatte zwei Siege und ein Remis im Fliegengewicht errungen. Dies bedeutete für den zweiten Reichenhaller Platz sechs. Die beiden Hallbergmooser Neumair und A. Hecher landeten als beste Westdeutsche Ringer auf Rang fünf im Mittel- und Schwergewicht.